Schädel-Hirn-Verletzungen (SHT)
Selbstverständlich kann nicht nur das gesamte Spektrum an Wirbelsäulenverletzungen, wie oben beschrieben, am Klinikum Kempten operativ versorgt werden, sondern auch sämtliche Schädel-Hirn-Verletzungen. Hierzu stehen Neurochirurgen rund um die Uhr (24/7) zur Verfügung, so dass eine lückenlose Notfallversorgung der Region gewährleistet ist.
Als zertifiziertes überregionales Traumazentrum unter Führung der unfallchirurgischen Klinik besteht eine wichtige Aufgabe des Klinikums Kempten darin, schwer- und schwerstverletzte Patienten aus der Region, aber eben auch überregional zu versorgen. Oft handelt es sich dabei um Mehrfach-Verletzungen (Polytrauma), d.h. dass verschiedene Organsysteme betroffen sind. Dies macht eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen erforderlich. Sollten beispielsweise relevante Verletzungen des Gesichtes, d. h. vor allem Brüche des Mittelgesichtes, vorliegen, so steht uns hier rund um die Uhr die Unterstützung kooperierender Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen zur Verfügung.
Gerade mehrfach verletzte Personen, zum Beispiel nach Verkehrsunfällen, weisen besonders oft auch eine Schädel-Hirn-Verletzung auf, nämlich in bis zu 90 % der Fälle. Dabei kommt diesen Verletzungen eine besondere Bedeutung zu, da sie oft für die Gesamtprognose des Patienten entscheidend sind. Eine rasche und kompetente neurochirurgische Versorgung dieser Patienten ist daher oberstes Gebot.
So müssen einige Patienten möglichst schnell nach der Erstversorgung und Primärdiagnostik in der Notaufnahme in den Operationssaal gefahren und operiert werden. Vor allem raumfordernde Einblutungen innerhalb des Kopfes stellen eine akute Lebensbedrohung für diese Patienten dar.
Aber längst nicht alle Patienten mit einer relevanten Schädel-Hirn-Verletzung müssen operativ behandelt werden. Ein großer Teil dieser Patienten kann auch konservativ behandelt werden. Dazu ist in der Regel die Aufnahme auf der Intensivstation erforderlich. Hier erfolgt eine interdisziplinäre Betreuung der Patienten. Um bewusstlose Patienten bzw. auch solche Patienten, die bewusst in ein künstliches Koma versetzt wurden, besser überwachen zu können, erfolgt meist ein invasives Hirndruck-Monitoring. Dazu kann durch einen sehr kleinen operativen Eingriff, der üblicherweise auf der Intensivstation erfolgt, eine moderne Hirndruck-Messsonde (ICP-Monitoring) in das Gehirn vorgeschoben werden. Von nun an kann kontinuierlich der Druck im Gehirn bzw. im Schädel gemessen werden, so dass sich bedrohliche Veränderungen des Krankheitsverlaufes schneller erkennen lassen. Dies ist aber nur eine von vielen Methoden, mit denen sich die intensivmedizinisch notwendigen Maßnahmen besser steuern und kontrollieren lassen. So werden auch Messungen der Hirnströme (EEG) oder Durchblutungsmessungen des Gehirns (transkranieller Doppler/TCD) bei besonderen Fragestellungen am Krankenbett durchgeführt. Nur so ist eine moderne, differenzierte, neurochirurgisch-intensivmedizinische Behandlung dieser Patienten gewährleistet.
Gelegentlich zeigen diese Untersuchungen auch, dass die konservativen Behandlungsmaßnahmen nicht mehr ausreichen, so dass sekundär doch operative Maßnahmen notwendig werden.
Neben den ganz akuten operativen Behandlungsmaßnahmen sind manchmal aber auch im späteren Verlauf noch operative Maßnahmen erforderlich, um Folgen der Schädel-Hirn-Verletzung zu behandeln.
So kann sich beispielsweise auch Wochen oder Monate nach einer Schädel-Hirn-Verletzung noch ein sogenannter Wasserkopf (siehe oben) entwickeln.
Bei knöchernen Verletzungen der Schädelbasis, vor allem im vorderen Bereich, kann eine Nervenwasserfistel entstehen, die mit der Gefahr einer Hirnhautentzündung assoziiert ist, die daher unbedingt operativ abgedichtet werden muss.
Auch knöcherne Defekte am Schädeldach als Folge des Unfalls bzw. auch als Folge vorangegangener operativer Maßnahmen werden oft erst im späteren Verlauf verschlossen (plastisch gedeckt). Teilweise werden hierfür maßgeschneiderte CAD-Plastiken im Vorfeld angefertigt, um optimale kosmetische Ergebnisse zu erreichen.
So werden Patienten mit einem relevanten Schädel-Hirn-Trauma nicht nur in der Akutphase von uns Neurochirurgen betreut, sondern oft auch längerfristig, wobei die ambulante Anbindung dann über unser MVZ erfolgt.
Neben den operativen und intensivmedizinischen Behandlungsmaßnahmen besteht eine sehr wichtige Aufgabe für uns auch darin, eine geeignete Rehabilitationseinrichtung zu finden, um eine zeitnahe und optimale Weiterbehandlung des Patienten zu gewährleisten. Dies geschieht in enger Kooperation mit dem Sozialdienst der Klinik.